Drachen und Junfrauen

Oft nehmen die Geschichtenerzähler Wörter wie "Opfer" oder "Mahlzeit" in den Mund, wenn es um das Beziehung zwischen Drachen und Jungfrauen geht. Es mag der Wahrheit entsprechen, dass eine geopferte Jungrau die Stadt vor weiteren Übeln des Drachens bewahrte, jedoch werden in einigen Erzählungen diese Jungfrauen auch als feenartige Wesen mit Macht über jene Drachen beschrieben. Ob sie diese Macht für guten Taten gebrauchen oder für böse Machenschaften missbrauchen, variiert gleichermaßen...
Sicher verborgen in einem Palast in Kiew, hielt sich die russische Zauberin Marina einen Drachen als Gefährten und Schlangen als Schlosstiere. Es war ihre gepflogen, tapfere Drachentöter zu verführen und in harmölose Elstren, Schweine oder Ochsen zu verwandeln. Marinas Ende war gekommen, als ein Held sie seinerseits verführte und ihr in Abwesenheit ihrer Wächter den Kopf abschlug.



In Serbien lebte eine Fee, die war so mächtig, dass sie nach Belieben die Gestalt eines goldenen Vogels annehmen konnte. In den Verliesen ihres Palastes hielt sie einen Drachen gefangen; ihr sterblicher Gemahl aber befreite unwissentlich das Untier. Es packte sie mit Klauen und trug sie in seine Behausung, und es vergingen viele bange Monate, bis ihr Gemahl sie befreite und ihren Entführer erschlug.


Hoch am nächtlichen Sternenhimmel ritt die französische Geisterfrau Succubé auf ihrem Drachen über das Land, stets auf der Suche nach leichtfertigen und liebestollen jungen Abenteurern. Sie wurden ihr Liebhaber und Opfer: Der Kuss der Succubé war betörend und süß, aber er entzog den Sterblichen all ihre Lebenskraft.



Einst wurde an der Küste Germanien eine schöne Königstochter von einem Meeresdrachen entführt und gefangengehalten worden. Sie bewahrte sich vor Schaden, indem sie das Ungeheuer in den Schlaf zauberte, bis ihre Retter nahten. Man erzählt sich, dass der beste Sterngucker der Welt sie fand, der beste Dieb der Welt sie raubte und der beste Jäger der Welt den Drachen erschlug.